Reifen flicken für Dummies

Wer bereits erfolgreich Reifen geflickt hat bzw. denkt, was soll ich hier bei dieser einfachen Tätigkeit überhaupt noch Neues lesen, was ich noch nicht weiß, für den ist dieser Abschnitt der Homepage nicht von Interesse und kann einfach ignoriert werden.

Wer allerdings sich zum ersten mal an diesen Reparaturvorgang heranwagt und diesen möglichst erfolgreich durchführen kann, der kann hier gerne meine persönlichen Ratschläge bzw. Erfahrungen mitnehmen.

Oder derjenige, der schon zum zweiten mal hintereinander denselben Schlauch flickt und immer noch keine Erfolge bezüglich Dichtheit hat, findet hier vielleicht den entsprechenden Hinweis, woran der Misserfolg liegen könnte. Im Web habe ich hierzu noch folgend ein passendes Bild gefunden, das gut beschreibt, was alles verkehrt laufen kann:-)



Generelles

 

Bevor ich einen platten Reifen flicke, sollte ich mir im ersten Schritt Gedanken machen, ob ich hier diesen Schlauch überhaupt flicken sollte oder nicht besser durch einen neuen ersetzen soll.

 

Es gibt folgende wesentliche Gründe, die für das Flicken eines Schlauchs sprechen:

  1. Kein Ersatzschlauch ist unmittelbar verfügbar und das Fahrrad muss wieder einsatzbereit sein
  2. Es macht aus ökonomischen Aspekten Sinn, einen relativ neuen und hochwertigen Schlauch, der ca. 5 - 7 Euro kostet, durch eine kostengünstige Reparatur ( Materialeinsatz ca. 50 Cent) wieder brauchbar zu machen.
  3. Es macht aus ökologischen Aspekten Sinn, vorhandene Gegenstände möglichst lange zu nutzen und damit Ressourcen und auch die Umwelt zu schonen.

Allerdings gibt es auch Gründe, welche für den Einsatz eines neuen Schlauchs sprechen:

  1. Das Loch im Schlauch ist zu groß bzw. es handelt sich um einen Schlitz. Ist dieser länger als 5 - 10 mm oder sind gleich mehrere Löcher im Schlauch ist ein Flicken unpraktizierbar oder die Funktionalität ist nicht mehr sicher und dauerhaft gewährleistet.
  2. Der Schlauch hat schon ein hohes Alter, die Elastomere altern über die Jahre, werden durch Licht und Wärme spröde und hart und ein Flicken haftet nur schwer auf diesem Schlauch, da das Vulkanisieren hier auch nicht mehr so gut funktioniert. Das kann der Fall sein, wenn der Schlauch älter als 6-10 Jahre ist.
  3. Aus zeitlichen oder situationsbedingten Gründen ist das Flicken nicht möglich. Ist man auf einer Radtour mitten in der Natur, ist man unter Zeitdruck oder hat nicht das passende Werkzeug auf der Tour dabei, ist ein Schlauch schneller gewechselt als nicht erfolgreich geflickt.

Bei einer Radtour empfehle ich immer, einen passenden Ersatzschlauch mit sich zu führen. Dieser sollte sicher in einer separaten Tüte eingewickelt werden, da sonst der gefaltete Schlauch durch Reibung an der Tasche längerfristig Löcher bekommen kann oder auch an den Faltstellen durch äußere Umwelteinflüsse wie Wärme, Vibrationen und Reibung undicht werden kann.

Der Ersatzschlauch hilft auch im Falle eines undichten Ventils bzw. Undichtheiten am Ventilschaft, welcher in den Schlauch einvulkanisiert ist.

Bei längeren Radreisen empfehle ich die Mitnahme eines Ersatzschlauchs sowie eines Flickzeugs, dann kann der Ersatzschlauch auf die schnelle eingesetzt werden und der beschädigte Schlauch am Abend in Ruhe wieder repariert werden und als Ersatzschlauch dienen.

 

Bei kurzen Tagestouren und wenn der Reifen nicht zu schnell Luft verliert, hilft auch ein regelmäßiges Aufpumpen des Rads, bis die Tour dann beendet ist und die Reparatur zuhause erfolgen kann.

Somit ist eine Luftpumpe in allen drei  Fällen unabdingbar.


Benötigtes Werkzeug

- Reifenheber


- Wasserfester Faserschreiber (Edding)

- Lösungsmittel (Aceton, Isopropanol, Verdünnung)



- Flickzeug



Reperaturvorgang

Im ersten Schritt markiere ich die relative Position des Mantels zum Ventilanschluss mit einem wasserfesten Markierer (Edding). Somit kann ich später nachvollziehen, in welcher Position sich der schlauch im Mantel befand, falls dieser sich beim demontieren verschieben oder lösen sollte. Nur so kann später einfach, schnell und zuverlässig der nach der Ursache des Plattens gesucht werden.

Im nächsten Schritt wird die restliche Luft aus dem Reifen gelassen (wenn noch vorhanden). Denn nur so ist ein einfaches demontieren mit den Reifenhebern möglich; die restliche Luft durch leichtes Drücken des Mantels so gut wie möglich herausdrücken.

Das Ansetzen des ersten Reifenhebers sollte nun gut funktionieren, klebt der Mantel noch fest an der Felge, diesen einfach ein wenig mit der Hand zusammendrücken und dann den Reifenheber zwischen Felge und Mantel ansetzen und den Mantel vorsichtig heraushebeln. Den Reifenheber nur so wenig wie möglich unter den Mantel schieben, so dass der Schlauch nicht versehentlich gequetscht und beschädigt wird! Ich setze meist die Reifenheber in der Nähe des Ventils an, hier ist der Schlauch an der Felge fixiert.

Der zweite Reifenheber wird ca. 5 cm vom ersten entfernt auch so knapp wie möglich unter dem Mantel angesetzt und dieser herausgehebelt. Hat der Reifenheber am freien Ende einen abgekröpften Haken, kann dieser in eine Speiche eingehakt werden. Wenn ein dritter Reifenheber vorhanden ist, wird dieser Vorgang noch einmal 5 cm vom zweiten Reifenheber wiederholt.

Nun wird mit dem ersten Reifenheber der Felge entlanggefahren und der Mantel sollte sich immer leichter aus der Felge herauslösen.

Nun ist der Mantel komplett einseitig von der Felge gelöst. Nun kann hier auch noch eine Markierung auf dem Schlauch (ein Punkt) mit einem Faserschreiber angebracht werden, so dass die Lage (die Oberseite) für die spätere Kontrolle einfacher ist.

Nach Abschrauben der Ventilschaftmutter  und herausschieben des Ventilschafts aus der Bohrung in der Felge kann der Schlauch vorsichtig entnommen werden.

Nun wird der Schlauch großzugig mit Luft befüllt (der Querschnitt kann ruhig größer sein, als in eingebautem Zustand im Mantel), so dass bei der folgenden Dichtheitsprüfung auch durch kleine Löcher ausreichend und leicht nachweisbar Luft strömt.

Nun erfolgt die Lecksuche, dies kann am einfachsten und zuverlässigsten mit dem "Blubbertest" im Wasserbad erfolgen.

Alternativ, falls kein Wasserbad vorhanden ist, gibt es auch Lecksuchdosen, welche Styroporkugeln enthalten und sich durch Luftströmung bewegen. Dies ist allerdings bei sehr kleinen Lecks nicht zweckmäßig, da hier die Strömung nicht ausreicht Hier ein Tipp, bitte den ganzen Schlauch 360° absuchen und nicht nach dem ersten Treffer aufhören, eventuell können auch mehrere Beschädigungen vorhanden sein. In dem oben vorhandenen Bild war nur ein sehr kleines Loch vorhanden 8fehlerhafte Vulkanisiernaht an fabrikneuem Schlauch), die Blasen stiegen nur alle 2 Sekunden auf.

Anschließend alle undichte Stellen mit dem Faserschreibern nach Abtrocknen des Schlauchs markieren.

Nun wird der Schlauch wieder mit Hilfe der zuvor angebrachten Markierung bei der Demontage (Punkt auf Oberseite) und des Ventils neben den Mantel auf der Felge gelegt und an der Position des Lecks wird der Mantel innen abgetastet und nach einem verbliebenen spitzen Gegenstand untersucht. Ist dieser noch vorhanden, kann dieser mit einer Zange oder Pinzette entfernt werden, ansonsten ist der nächste "Platten" gleich wieder vorprogrammiert:-)

Anschließend wird wieder die Komplette Luft aus dem Schlauch entfernt, so dass dieser flach auf eine ebene Unterlage gelegt werden kann.

Nun wird der Schlauch um die schadhafte Stelle leicht!! mit Schleifpapier angeraut. Dies wird im Normalfall mit dem Flickzeug mitgeliefert

Anschließend säubere ich die Stelle noch einmal mit Aceton oder ähnlichem. Damit werden die Reste der Markierung des Faserschreibers, Rückstände von Reifenmontierpaste und sonstigen Fetten entfernt. Auch werden die Rückstände des Schleifens entfernt und der Schlauch wird auch schon leicht durch das Lösemittel oberflächlich angelöst. Diese nun erhaltene Oberfläche garantiert eine gute und dichte Haftung des Flickens.

Hier sind die angelösten Bestandteile des Schlauchs, die Verunreinigungen und die Schleifrückstande gut auf dem Lappen erkennbar.

Nun kann die Vulkanisierlösung großflächig um die Beschädigte Stelle aufgetragen werden. Die Lösung muss dünnflüssig sein, eine geleeartige oder dickflüssige Vulkanisierlösung deutet auf Alterung hin und ein guter Verbund zwischen Flicken und Schlauch ist mit dieser Lösung nicht mehr machbar. Somit nach Ablauf einer gewissen Zeit hier lieber wieder eine neue Tube kaufen, besonders wenn die Tube einmal geöffnet war!

Die Lösung wird gleichmäßig als dünner Film mit einem sauberen (fettfreien) Finger über die Fläche verteilt. Nun muss die Vulkanisierlösung ca. 4 - 5 min einwirken, in dieser Zeit wird das Elastomer des Schlauchs angelöst.

Nach Ablauf dieser Zeit wirkt die Schicht "angetrocknet", dies ist aber der Idealfall, um nun den Flicken aufzubringen!

Der Flicken wird nun samt transparenter Transferfolie auf der Oberseite mit der schwarzen Rückseite auf die vulkanisierte Stelle aufgesetzt. Dabei ist zu beachten, dass auch der Flicken noch nicht zu alt und somit hart oder spröde ist! Der Flicken muss wie sein und am besten nach Abziehen der Aluminiumfolie auf der Unterseite noch schön nach "Gummi" riechen.

Nun wird der Flicken auf einer ebenen Unterlage stark angepresst, dies auch an den Rändern! Nur so kann die Transferfolie erfolgreich abgezogen werden und der Erfolg der ganzen Aktion wird ersichtlich.

Hat der Vulkanisiervorgang einwandfrei funktioniert und der Flicken einen Materialschluss mit dem Mantel gemacht, so lässt sich die Transferfolie leicht abziehen, ohne dass die Ränder des Flickens sich wieder vom Mantel ablösen, Die Oberfläche bleibt glatt wie auf dem Bild gut erkennbar! Ansonsten ist die Wahrscheinlichkeit auf einen "undichten" Flicken relativ groß.

So sollte das perfekte Ergebnis aussehen!

Nun kann der geflickte Schlauch wieder im Mantel montiert werden und der Mantel wird wieder mit den Reifenhebern auf die Felge gezogen.

Anschließend den Reifen wieder mit ausreichend Luft befüllen und dann die Ventilmutter fest anlegen.

Eine ausführliche Beschreibung über Reifenmontage und deren Feinheiten / Eigenheiten ist für die Zukunft geplant, denn ein Wechsel meiner abgefahrener Mäntel ist ein sich zyklisch (2-jährlich)wiederholender Vorgang.