Nachdem die ersten Trainingseinheiten mit dem Fahrrad bei Saisonbeginn getan sind, steht meist die erste Wartung des Fahrrades an, genau so wie beim Auto sollte die Technik regelmäßig überprüft werden.
Bei mir kommt das Fahrrad frisch gewartet aus der Saisonpause, da ich es über den Winter regelrecht zerlege, überprüfe und gegebenenfalls Teile austausche, doch die ersten Touren und Trainingseinheiten mit dem Fahrrad bei Saisonstart sind meist auch die am verschleißbehaftesten oder die, welche das Fahrrad am meisten beanspruchen.
Nach dem Winter ist das Wetter oft noch feucht und regnerisch (oder sogar Schneereste liegen noch auf den Radwegen), die Salzreste befinden sich noch auf der Fahrbahn und die unbefestigten Radwege sind matschig und voller Pfützen mit Schlamm.
Das alles setzt dem Rad im Gegensatz zu einer sehr trockenen Sommersaison überproportional zu. Daher mache ich Ende Mai / Anfang Juni eine zweite Generalinspektion an meinem Fahrrad, bevor es auf große Touren oder Radreisen geht!
Gerade der Antriebsstrang und die Bremsanlagen verschleißen mit am meisten und Schmutz, Wasser oder Streusalz wirken hier zusätzlich beschleunigend. Hier auf obigem Bild ist eine Reinigung und Wartung angebracht.
Damit die Wartung und Reinigung des Fahrrads möglichst effizient und auch lückenlos abläuft (Vermindert die Gefahr von Übersehen von Defekten am Rad) gehe ich hier möglichst strukturiert vor und habe mir im laufe der Jahre eine für mich sinnvolle Reihenfolge der einzelnen Tätigkeiten bei der Wartung des Fahrrads erarbeitet, mit der ich bis jetzt sehr erfolgreich gefahren bin.
Die Reinigung beginnt bei mir beim groben Schmutz und hört bei der Politur des Fahrrads auf, die Wartung beginnt bei mir bei Komponenten wie den Laufrädern und hört beim Überprüfen des Reifendrucks auf.
Folgende Punkte werden bei mir durchgeführt:
Hier ist die Wartung meines Fahrrads bereits halb abgeschlossen, das hintere Laufrad ist bereits wieder integriert.
Bei der nassen Reinigung werden alle groben und wasserlöslichen Verschmutzungen, wie Matsch, Sand oder Staub, am Fahrrad beseitigt. Hierfür benutze ich warmes Wasser mit ein paar Tropfen herkömmlichen Spülmittel und ein Ablaugborstenpinsel (Nylonborsten) aus dem Baumarkt sowie ein Spüllappen. Mit dem Spüllappen werden flächige Komponenten gereinigt, mit dem Ablaugpinsel säubere ich verwinkelte und schwer zugängliche Stellen.
Es ist sinnvoll, oben am Fahrrad mit der Reinigung zu beginnen, da hier die Verschmutzung am geringsten ist, das Putzwasser noch am saubersten ist und auch das herunterlaufende Wasser bekanntlich der Schwerkraft nach unten fließt und hier dann schon einmal die "dicke Dreckkruste" anlöst. Mit dieser Arbeitsweise ist das Rad nach ca. 15-20 min vom groben Schmutz relativ gut befreit.
Achtung:
Auf keinen Fall empfehle ich die Verwendung eines Hochdruckreinigers oder Abdampfgeräts zur Reinigung des Fahrrads. Hier besteht die Gefahr, dass Wasser in die Lager eindringt, Komponenten komplett entfettet oder entölt werden oder empfindliche Komponenten beschädigt werden!
Die Reinigung der Kette ist nach der Nassreinigung des Fahrrads ebenfalls eine sehr schmutzige Angelegenheit, bei der fettiger und öliger Schlamm aus dem Antriebsstrang (bestehend aus Kettenblatt, Kette und Ritzeln) beseitigt werden muss. Hier ist es ebenfalls empfehlenswert, diesen möglichst im Freien durchzuführen.
Zur Reinigung der Kette habe ich eine Ausführliche Anleitung auf dieser Homepage erstellt, welche unter folgendem Link zu finden ist.
Nachdem die Kette gesäubert ist, können dann die weniger "schmutzintensiven" Wartungsarbeiten am Fahrrad erfolgen, welche auch gut in einem Hobby- oder Bastelraum durchgeführt werden können. Auch ist nach der Beseitigung der groben Verschmutzungen ein angenehmeres Arbeiten am Fahrrad möglich.
Die Laufräder des Fahrrads müssen bei jeder Radtour enorme Belastungen aufnehmen oder und großen Kräften standhalten. Daher ist eine regelmäßige Überprüfung und Pflege dieser Komponente zwingend erforderlich.
Damit ich die Laufräder möglichst genau auf deren Zustand untersuchen kann, werden siese bei mir beide ausgebaut.
Im ersten Schritt reinige ich jede einzelne Speiche sowie die Nabe und die Felge mit einem Lappen und einem Radreiniger (zum Beispiel der rote von Atlantic) oder WD40. Dabei überprüfe ich jede Speiche auf ihre Spannung (Klangprobe mit Finger) und schaue auch die dazugehörige Öse in der Felge an, ob hier kein Riss enthalten ist.
Am hinteren Laufrad entferne ich am Ritzel und an der Nabe alle öligen (und meist auch schwarze)Verschmutzungen.
Sind beide Laufräder gereinigt und die Speichen überprüft, wird dann noch die Rundheit bzw. Laufruhe der beiden Laufräder überprüft. Gegebenenfalls muss hier mit einem Zentrierständer nachgebessert werden.
Da ich an meinem Fahrrad beschichtete Felgen verwende, bedeutet dies nahezu kein Verschleiß an den Felgenflanken, dafür aber um so mehr an den Bremsbelägen (Magura HS33, Standard schwarz)
Diese müssen bei mir regelmäßig ausgetauscht werden und dabei reinige und überprüfe ich auch die Bremsanlage, eine ausführliche Anleitung gibt es auf dieser Homepage hier:
Ist der Belag gewechselt und die Bremse gereinigt, überprüfe ich noch einmal alle Schrauben der Bremsanlage mit meinem Drehmomentschlüssel. Falls die hydraulische Magura HS33 entlüftet werden muss, ist folgend eine ausführliche Anleitung mit Fotos zu finden:
Nachdem das Rad von allem groben Schmutz befreit worden ist, mache ich eine Pflege im Detail. Hierfür benutze ich gerne den Atlanic Radreiniger "Radglanz", welche es schon seit zig Jahren auf dem Markt als Kultprodukt gibt. Dieser ist von der Konsistenz ähnlich WD40 (funktioniert auch) und durch die leicht ölige Beschaffenheit wird das Rad mit allen Metallteilen konserviert.
Mit einem leicht getränkten und sauberen Lappen reibe ich alle Teile am Fahrrad noch einmal mit diesem Reiniger ab. Positive Nebenwirkung ist, dass zumindest für einen kurzen Zeitraum das Fahrrad danach noch in strahlendem Glanz erscheint.
Bei der Reinigung im Detailüberprüfe ich auch alle restlichen Komponenten (wie Zugummantelungen, Kabel, Lichtanlage, Klickpedale, usw.) noch einmal auf den visuellen technischen Zustand (Risse, Kratzer oder Beschädigungen)
Nachdem die beiden Laufräder und das restliche Fahrrad ausgiebig gesäubert und überprüft worden sind, werden die Laufräder wieder in das Rad integriert.
Beim Anziehen der Spannachsen (Innensechskant, Pitlock oder Schnellspanner) muss darauf geachtet werden, dass diese ausreichend aber nicht übermäßig angezogen werden. Werden die Klemmelemente zu fest angezogen, werden die Radlager gequetscht, was einen übermäßigen Verschleiß zur Folge hat. Werden die Komponente nicht ausreichend angezogen, kann sich das Laufrad während der Fahrt lösen.
Sind die beiden Laufräder integriert, werden beide mit der Hand durchgedreht und dabei auf eventuelle Schleif- oder Kratzgeräusche geachtet.
Die ständigen Vibrationen, stoßartigen Belastungen und auch Temperaturunterschiede am Fahrrad sorgen unter anderem auch dazu, dass Schraubverbindungen ungewollt gelöst werden. So waren bei meinem Rad nach ca. 2 Jahren die Schrauben am Gepäckträger mit dem Finger herausdrehbar.
Wo es sinnvoll und auch möglich ist, benutze ich inzwischen selbstsichernde Muttern oder flüssige Schraubensicherung. Allerdings gibt es auch Schraubverbindungen am Rad, welche nicht gesichert werden können und diese sollten in regelmäßigen Abständen überprüft werden und gegebenenfalls angezogen werden.
Nachdem das Fahrrad wieder komplett montiert ist und alle technischen Komponente überprüft worden sind, erfolgt der vorletzte Schritt der Wartung. Hier werden alle beweglichen Stellen geölt oder gefettet. An erster Stelle muss hier die frisch gereinigte Kette mit einem Kettenöl eingeölt werden. Dann werden alle Lagerungen, welche auch konstruktionsbedingt nicht 100% wasserdicht sind, ebenfalls mit einem mittelviskosen Öl eingeölt.
Dazu zählen folgende Stellen:
Zusätzlich fette ich auch den Einrastmechanismus der Klickpedale und den Mechanismus des Fahrradständers.
Im letzten Schritt werden dir Laufräder aufgepumpt. Dazu benutze ich eine hochwertige Standpumpe mit einer genauen Druckanzeige. Sind die Laufräder mit ausreichend Luft gefüllt, erfolgt eine visuelle Kontrolle des Mantels. Hier sollte auf Risse oder Versprödungen geachtet werden und das keiner Stelle das Gewebe zum Vorschein kommt.
Oder der Mantel durch Scheuerwirkung (zum Beispiel durch falsch ausgerichtet Bremsbeläge) an den Seitenflächen beschädigt ist.
Sind diese Wartungsschritte alle erfolgt, steht einer Sommersaison mit dem Rad oder einer großen Radreise nichts mehr im Wege.
Die Wahrscheinlichkeit, die Tour und die Saison ohne technischen Defekt zu beenden, ist merklich gestiegen. Vor einem Plattfuß oder einer gerissenen Speiche oder Kette auf Grund eines Materialfehlers oder der Alterung kann allerdings keine Wartung am Fahrrad zu 100 % vorbeugen.
Aber sonst gäbe es im Automobilbereich auch keinen ADAC-Abschleppdienst:-)
Mit dieser großen Wartung sollte allerdings fast die gesamte Sommersaison durchgefahren werden können und ich wünsche eine gute Fahrt!